Trotz Ablehnung durch die rot-grüne Gemeinderatsmehrheit scheint erfreulicherweise die Forderung, überflüssige Halteverbote zu überdenken, in der Verwaltung angekommen zu sein.
Mit dem Postulat 2020/451 wollten Severin Pflüger und ich im Oktober 2020 den Stadtrat auffordern zu prüfen, wie Halteverbote entlang von Tempo 30- Zonen und Tempo 30-Strecken ohne öV ganz aufgehoben oder allenfalls durch Parkverbote ersetzt werden können.
Der Schilderwald in Zürich wird immer dichter, obwohl die Stadt Zürich im Jahr 2012 eine Medienkonferenz mit dem Titel «Die Stadt Zürich lichtet den Schilderwald aus» abgehalten hat. Gerade die Halteverbotsschilder sind nicht nur für Gewerbe, Lieferanten und Private, welche ein- und ausladen müssen, ein Ärgernis, sondern auch für das Ein- und Ausladen von gehbehinderten Personen oder von Taxifahrgästen. Dort wo es genug Platz gibt, kein öV verkehrt und es nicht gefährlich ist, sind sie häufig gar nicht nötig oder übertrieben, weil auch ein Parkverbot ausreichen würde.
Einige Gemeinderatsmitglieder fragten bei der Einreichung nach Beispielen, in der Ratsdebatte im Januar 2022 hatte ich zwei aufgeführt, es gäbe noch zahlreiche andere:
- Die Strasse «Am Wasser» ist 1,5 km lang und es gibt keinen öV. Auf dieser Strecke hat es nebst unzähligen 30er- und anderen Tafeln gleich 16 Halteverbotstafeln, also mehr als pro 100m eine.
- Noch schlimmer ist ganz in der Nähe die nur rund 150 m lange 30er-Zone «Am Giessen». Dort gibt es gerade pro 50m eine Halteverbotstafel.
Man hört munkeln, dass der Stadtrat eine Tendenz zu Halteverboten habe, da diese einfacher zu kontrollieren sind als Parkverbote: Die Polizei muss nämlich nur einmal und nicht zweimal kurz nacheinander vorbeigehen (und die Busse ist auch dreimal höher…). Aber als Liberale ist mir wichtig, dass nur so viel verboten wird, wie nötig ist. Sonst könnte man auch sagen, da immer wieder wegen ungenügender Kontrollen Minderjährigen Alkohol verkauft wird, sollte man der Einfachheit halber den Alkoholverkauf vollständig verbieten.
Die Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (Grüne) stellte sich in der Debatte gegen den Vorstoss und begründete dies damit: «[…] Halteverbote in Tempo-30-Zonen werden nur dort eingesetzt, wo sie der Verkehrssicherheit dienen. Beispielsweise ist dies vor Schulhäusern, wie auf der Strasse Am Wasser, oder bei unübersichtlichen Stellen der Fall.[…]». Es stimmt, dass es an der Strasse Am Wasser ein Schulhaus gibt. Aber jenes ist einige hundert Meter von der grossen Mehrheit der 16 Halteverbotstafeln entfernt. Die SP lehnte einfach mit der Begründung ab, der Vorstoss sei «zu pauschal gehalten». Gegen die Stimmen von SP, Grüne und AL geht im Stadtzürcher Gemeinderat leider nichts, womit der Vorstoss dem Stadtrat nicht zur Prüfung überwiesen werden konnte.
Scheinbar hat die Stadtverwaltung aber dennoch den Worten der Postulanten zugehört, denn zwischenzeitlich wurde tatsächlich mindestens ein überflüssiges Halteverbot an einer Tempo-30-Strecke ohne öV durch ein Parkverbot ersetzt. Auch kleine Erfolge sind Erfolge – insbesondere, wenn man in einem Parlament politisiert, in welchem die drei ganz linken Parteien eine absolute Mehrheit haben. In diesem Fall kann nun der Paketkurier, ein Handwerker oder ein Taxi ganz legal vor dem Mehrfamilienhaus zum Ein- oder Ausladen kurz anhalten, ohne 120 Franken Busse zu riskieren.
Link zum Postulat und zur Beratung: https://www.gemeinderat-zuerich.ch/geschaefte/detailansicht-geschaeft?ID=778c29c6-b39b-4f68-bcb7-89bd48963774
Link zum Blog vom Oktober 2020: https://www.mehblau.ch/blog/oktober-2020/waldsterben-mindestens-zurichs-schilderwald-wachs